Fotovoltaik im Kanton Bern

Fotovoltaik und Windkraft im Kanton Bern stellen die Dekarbonisierung und Energieversorgung sicher.

«Politik steht nie still»: So steht es in den Regierungsrichtlinien 2023-2030 des Kantons Bern geschrieben. So werden darin Rahmenbedingungen für eine wirkungsvolle nachhaltige Entwicklung postuliert.  Und der «Kanton Bern wird bis 2050 klimaneutral». Die Energiestrategie von 2006 stellt die einheimischen, erneuerbaren Energieträger und mehr Energieeffizienz in den Vordergrund. «Insbesondere ist der Beitrag der Wasserkraft zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit zu erhöhen». Angesicht von rund 70 Prozent fossilen Energieimporten stellt sich die Frage, ob die strategischen Ziele und Grundsätze ausreichen? 

Ohne Zweifel wird mit dem Trift-Projekt ein Beitrag an eine verbesserte Versorgungssicherheit geleistet. Die zusätzlichen rund 100 GWh Winterstrom sind beachtlich und werden hoffentlich rasch ans Netz gehen. Für die zurecht geforderte Dekarbonisierung mit den hocheffizienten Wärmepumpen, der Elektromobilität und dem Ausstieg aus der Kernkraft bis spätestens 2050 braucht es relativ wenig, aber immerhin rund 20-30 Prozent mehr Strom gegenüber dem heutigen Verbrauch. Das zweckmässige Triftprojekt und weitere Wasserkraftwerke reichen da bei weitem nicht. Weitere Trumpfkarten des Kantons Bern müssen gespielt werden: Der Kanton Bern verfügt über das schweizweit grösste Potential an Solar – und Windenergie. Bei der Fotovoltaik gilt es alle Kategorien forciert auszubauen. Dabei sind alpine Solaranlagen mit ihrem hohen Winteranteil von rund 50 Prozent speziell erwünscht. Die vorliegenden 30 Projekte dank privater Initiative dürfen nicht einfach ausgebremst werden. Natürlich sollten auch alle geeigneten Dachflächen und Fassaden bei Neubauten und Sanierungen genutzt werden. Infrastrukturen im Verkehrsbereich, aber auch Agro-Fotovoltaik sind ein weiteres Eldorado für Solarstrom. 

Das Schweizer Windpotential von 30 TWh liegt zu rund 20 Prozent im Kanton Bern. An die erfolgreiche Pionierphase des Kantons Bern im Windbereich sollte angeknüpft werden. Ein hoher Beitrag an eine sichere Winterstromversorgungen muss realisiert werden.

Im Lead für die Dekarbonisierung und Versorgungssicherheit stehen vor allem private Investoren. Die öffentliche Hand muss aber klare Ziele festlegen. Der Kanton hat es zudem in der Hand, zusammen mit den Regionen und Gemeinden Weltmeister mit beschleunigten Verfahren zu werden. Dazu gehören gestraffte und befristete Verfahren wie es der Bund zu Recht angedacht hat, aber von den Kantonen und Gemeinden effektiv vollzogen werden müssen.

Weiter ist die Zusammenarbeit mit den Energieversorgern zu gewährleisten. Kostendeckende Rückliefertarife, welche die eidgenössischen Fördermittel ergänzen, sind ein konkretes Element. Klare Planungen der notwendigen intelligente Netze mit gezielten Ausbauten tragen zum Erfolg der anvisierten Politik bei. 

Die Berner Hochschulen sind seit Jahrzehnten im Bereich erneuerbare Energie in Poolposition: Ihre Stellung ist im Bereich Forschung, Entwicklung, Aus- und Weiterbildung zu stärken.

Der Kanton Bern hat allen Grund die Energiewende mit klaren Zielsetzungen und Vorgaben zu forcieren. Es resultiert ein Gewinn für den Wirtschafts- und Arbeitsplatzstandort und die Umwelt. 

Dr. Ruedi Meier, Präsident energie-wende-ja.ch    

Rückblick auf den 2. Energie-Wende-Kongress

Zahlen und Fakten zur Energiewende

Am 11. Juni hat der Verein «energiewende-ja» in Oberburg seinen 2. Jahreskongress durchgeführt. Viel zu hören war dabei unter anderem von mangelndem Winterstrom, vom Rückstand der Schweiz bei der Windenergie und von der Realisierbarkeit alpiner Solaranlagen.

Von Rudolf Burger für gebäudetechnik.ch

Wenn sich Mitglieder des Vereins «Energiewende-ja» treffen, reden Gläubige mit Bekehrten – zumal ein Kontrapunkt zum Beispiel in Gestalt eines SVP-Nationalrats fehlt. «Ja, den Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark habe er schon zweimal eingeladen», sagt Ruedi Meier, der Präsident des Vereins, aber das habe böse Angriffe zur Folge gehabt. Also sind die rund 100 Personen, die sich am Samstag in der Fabrikhalle des Solarpioniers Jenni in Oberburg versammeln, allesamt überzeugt davon, dass es den Klimawandel gibt und dass die nötige Energiewende rasches Handeln erfordert.

Putin schafft neue Ausgangslage

Auch wenn man sich als im Grundsätzlichen einig ist – die Veranstaltung nimmt trotzdem einen attraktiven Verlauf. Am Anfang steht der russische Überfall auf die Ukraine. Putins Krieg habe eine neue Ausgangslage geschaffen, sagt Vereinspräsident Meier in seiner Einleitung. Die Energiepreise explodierten, das Rahmenabkommen mit der EU fehle, die Strom-Importe seien unsicher geworden. Da weder Gas noch Atom die Lösung sei, brauche es einen forcierten Zubau an erneuerbaren Energien, und zwar von Plus 40 Terrawattstunden (TWh) bis 2035. Davon sollten 35 TWh von der Photovoltaik kommen.

Es brauche ein Stromabkommen mit der EU, erklärte Regierungsrat Christoph Ammann, der Energieminister des Kantons Bern. Photovoltaik, aber auch Wasserkraft, Wind- und Holzenergie müssten gefördert werden. Drei Wasserkraftprojekte im Grimselgebiet seien nun auf gutem Weg, es gebe Absprachen mit den Naturschutzorganisationen. Zwar verbiete das neue Energiegesetz des Kanton Bern Ölheizungen nicht – wegen des geplanten Verbots sei ja die Energiegesetz-Abstimmung 2019 verloren gegangen – aber es fördere Bemühungen, Energieproduktion und -verbrauch von Gebäuden ins Gleichgewicht zu bringen. 3000 Ölheizungen pro Jahr würden im Kanton Bern ersetzt, sagte Ammann, darunter sei auch die seines Hauses.

47 Milliarden Franken Investitonen für 35 zusätzliche Terrawatt Strom

Dass es für alle Innovationen und die Umsetzung von Ideen Ingenieure braucht, betonte Adrian Altenburger. Die Hochschule Luzern, an der er lehrt, sei die einzige Hochschule der Schweiz, an der alle Disziplinen rund um Bau und Betrieb von Gebäuden unterrichtet würden. Walter Ott, Ökonom, Elektroingenieur und Vorstandsmitglied von «energie-wende-ja» befasste sich mit der Frage, ob die Potenziale für den Zubau von 35 TWh Solarstrom bis 2035 vorhanden wären. Ja, meinte er, aber «die Herausforderung besteht darin, im Winter 15 bis 20 TWh dazuzubauen». Ott berechnete auch, dass für den Ausbau der Photovoltaik bis 2035 47 Milliarden Franken Investitionen nötig sind, dass dabei aber immerhin zirka 20’000 Vollzeitstellen geschaffen würden. Die vorhandenen Fördermittel sollten seiner Ansicht nach für Anlagen auf Dächern, Fassaden, aber auch Infrastrukturen und Freiflächen mit hohem Anteil an der Stromproduktion im Winter ausgerichtet werden.

Windenergie: Die Schweiz ein Zwerg

Wieso hat es die Windkraft in der Schweiz so schwierig? Diese Frage konnte man sich stellen, nachdem Reto Rigassi, Geschäftsleiter der Suisse Eole, vorgerechnet hatte, dass in Deutschland pro Person 670 Watt Windenergie installiert seien, in der Schweiz dagegen nur gerade 10 Watt. Dabei gebe es hierzulande 120 Standorte, davon acht mit Grossanlagen, die realisierbar wären. «Es gibt ein Stromproduktionspotenzial von 9 TWh, davon 6 THW im Winterhalbjahr», sagte Rigassi, der auch die Vermutung widerlegte, dass Projekte bei Abstimmungen meistens abgelehnt würden: Seiner Darstellung nach gab es an der Urne oder an Gemeindeversammlungen bei Entscheiden zu Windkraftanlagen bisher 6 Ja und 4 Nein, und in Muttenz komme es nach dem negativen Entscheid eventuell zu einer zweiten Abstimmung. «Die Akzeptanz für Windenenergie fällt nicht in den Schoss», meinte Rigassi, «sie muss erarbeitet werden».

Einer der mit seiner Arbeit effektiv viel bewegt, ist Josef Jenni. «Die Energiewende ist eine physikalische, keine esoterische Übung», sagte er, und eine Führung durch seinen Betrieb, wo kleinere, grosse und sehr grosse Solar- und Heizungsspeicher hergestellt werden, bot dazu idealen Anschauungsunterricht. «Die Energiewende ist eine Speicherfrage», findet Jenni, und «Wasser ist allen anderen Speichermaterialien überlegen».

Plädoyer für alpine Solaranlagen

Nicht zuletzt durch einen bekannten Hotelier in Brig sind alpine Solaranlagen für die Erzeugung von Winterstrom in den Fokus geraten. Solche Anlagen produzierten pro Fläche 3x mehr Winterstrom als im Mittelland, erklärte Jürg Rohrer von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, und sie kosteten eher weniger als Strom aus Dachanlagen. Dem Flächenbedarf alpiner Solaranlagen stellte er gegenüber, dass in den letzten 30 Jahren Strassen- und Parkplatzareale und damit versiegelte Flächen massiv zugenommen hätten. «Alpine PV-Anlage versiegeln den Boden praktisch nicht und vergeuden einen Bruchteil dieser Flächen», sagte Rohrer. Und ohnehin werde sich die Landschaft wegen der Klimaerhitzung verändern. Sein Plädoyer für Solaranlagen in den Alpen illustrierte er mit zwei Bildern, welche die Alpjerung ob Gondo (wo eines der Projekte gebaut werden soll), aus einer gewissen Distanz mit und ohne Solaranlage zeigten. Einmal mehr wurde so bestätigt, dass Bilder mehr als 1000 Worte sagen.

Wie bei solchen Anlässen üblich, setzten sich die Experten am Schluss zu einer Gesprächsrunde zusammen und beantworteten Fragen des Publikums. Dabei war auch von einer Energie die Rede, die im bisherigen Verlauf kaum erwähnt worden war: Holz. Josef Jenni, Erfinder des Slogans «Oil of Emmental», warnte dabei von zu hohen Erwartungen. «Nur weil wir im Wald ein bisschen Holz herumliegen sehen, heisst das noch nicht, dass wir es auch nutzen können.» Holz meinte er, sollte nur im Winter zur Wärmeerzeugung genutzt werden, und in 5 bis 6 Jahren sei die Holznutzung in der Schweiz ausgereizt.

Kasten

energie-wende-ja verlangt konsequente Klimapolitik, zukunftsgerichtete Versorungssicherheit

  • 40 TWh erneuerbare Energien bis 2035 zubauen: Neue Ziele «Zubau Erneuerbare Energien» gesetzlich verankern: Statt 11.6 (Energiegesetz) bzw. 17 TWh/a (Mantelerlass) +40 TWh/a, davon ca. +35 TWh/a PV bis 2035.
  • Technologieneutral mit Konzentration Winterstrom: Zubau Erneuerbare Energien (EE) technologieneutral forcieren, mit gleichen Fördersätzen pro kWh (unter Berücksichtigung der Lebensdauer), Konzentration auf Förderung Winterstrom.
  • Optimierter Fördermitteleinsatz: Vorhandene, zurzeit ausreichende Fördermittel, kurz-/mittelfristig optimiert, voll ausschöpfen, längerfristig Mittelbedarf gewährleisten bis mindestens 2035. Kein Stop-and-Go.
  • Engpässe/Hemmnisse beseitigen: Abbau Bürokratie, mehr Arbeitskräfte, Lieferketten verbessern.
  • Ausschöpfung Potentiale Energieeffizienz (30-40%) mit Standards, Anreizen etc. beschleunigen.
  • Keine Gaskraftwerke; kein Rettungsschirm; Ausstiegsplanung AKW sicherheitsorientiert, ohne Subventionen für Nachrüstung angehen.
  • Netzausbau, saisonale Speicherkapazitäten (Wasserkraft, Power-to-Gas) sicherstellen.
  • Politische Akzeptanz und Konsens schaffen für einen Energie-Gesamtplan mit klaren Zuständigkeiten: Plan Wahlen 4.0. 

Wer sich gerne mit den Referaten des Kongress vertieft auseinandersetzen will findet unten die Präsentationen der Referenten:

Energiewende: die Schweiz ist auf Kurs!

Der Energieverbrauch in der Schweiz sinkt schon seit einigen Jahren, wie aus der Gesamtenergiestatistik 2020 ersichtlich ist. Jetzt hat das Bundesamt für Energie in ihrem vierten Monitoring-Bericht 2021 auch festgestellt, dass die Schweiz die Ziele der Energiestrategie 2050 bis jetzt erreicht.

Die Schweiz erfüllt die im Energiegesetz für das Jahr 2020 verankerten Richtwerte für die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien sowie die Richtwerte zur Strom- und Energieeffizienz. Das zeigt der am 15. Dezember 2021 publizierte vierte Monitoringbericht des Bundesamts für Energie (BFE). Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung bis 2050 braucht es aber weitere Anstrengungen.

Trotz Zunahme der Bevölkerung sinkt der Gesamtenergieverbrauch in der Schweiz seit einigen Jahren kontinuierlich, wie die Gesamtenergiestatistik zeigt.

Gesamtenergiestatistik: Der Energieverbrauch in der Schweiz sinkt trotz Bevölkerungszunahme.

Die Energiestrategie 2050 sieht den schrittweisen Umbau des Energiesystems vor. Im heutigen Energiegesetz sind dazu Richtwerte für die Jahre 2020 und 2035 enthalten. Diese betreffen den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Wasserkraft sowie die Senkung des Energie- und Stromverbrauchs. Das Monitoring beobachtet deren Entwicklung sowie weitere Aspekte. Der vierte jährliche Monitoringbericht zeigt die erfreuliche Situation per Ende 2020.

7,2 % des Strom stammt aus neuen erneuerbaren Energien

Die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) lag 2020 bei 4’712 Gigawattstunden (GWh) oder 7,2% der gesamten Netto-Elektrizitätsproduktion. Damit ist der im geltenden Energiegesetz verankerte Richtwert 2020 (4’400 GWh) erreicht. Der Ausbau erfolgt nicht bei allen erneuerbaren Stromproduktionstechnologien im gleichen Tempo. Seit 2010 hat die Photovoltaik (PV) absolut gesehen am stärksten zugelegt. Die Schweiz lag im letzten Jahr mit dem Zubau pro Kopf im europäischen Vergleich auf dem fünften Rang. Der Zubau erfolgte deutlich stärker als zum Beispiel in Italien, Frankreich und Österreich. Die Ende 2020 installierte Leistung erzeugt rund 5% des Schweizer Stromverbrauchs. Das entspricht in etwa der Jahresproduktion des inzwischen abgeschalteten Kernkraftwerks Mühleberg. Photovoltaik leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit.

Anteil der neuen erneuerbaren Energien bei der Stromproduktion

Um den geltenden Richtwert 2035 für die gesamte erneuerbare Stromproduktion zu erreichen (11‘400 GWh), braucht es einen Nettozuwachs von durchschnittlich rund 450 GWh pro Jahr. Der Bundesrat hat im Juni 2021 die Botschaft zum «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» ans Parlament überwiesen. Dieses verlängert die Förderung für erneuerbare Energien, gestaltet diese wettbewerblich aus und sieht teils höhere Beträge für neue Anlagen vor. Zur langfristigen Stärkung der Versorgungssicherheit im Winter schlägt der Bundesrat zudem vor, Speicherkraftwerke zu finanzieren und eine Energiereserve vorzusehen. Ausserdem sollen für 2035 und 2050 verbindliche Zielwerte festgelegt werden. Diese orientieren sich an den Energieperspektiven 2050+ und am Netto-Null-Klimaziel bis 2050. Der Zielwert 2035 für den Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion (ohne Wasserkraft) läge demnach mit 17’000 GWh deutlich höher als der bisherige Richtwert (11’400 GWh). Um ihn zu erreichen, bräuchte es einen Nettozuwachs von durchschnittlich rund 820 GWh pro Jahr.

Die Stromproduktion aus Wasserkraft lag 2020 bei 36‘275 GWh. Der Richtwert 2035 beträgt 37‘400 GWh (kein Richtwert 2020 im Gesetz). Von 2011 bis 2035 wird ein Nettozuwachs von rund 2’000 GWh angestrebt. Davon waren 2020 rund 45% erreicht. Um den Richtwert 2035 zu erreichen, braucht es in den kommenden Jahren einen Nettozuwachs von durchschnittlich 70 GWh pro Jahr. Im «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» bleibt der Zielwert 2035 für die Wasserkraft unverändert bei 37’400 GWh. Für 2050 liegt er bei mindestens 38’600 GWh. 

Der Energieverbrauch pro Kopf nahm seit 2000 um fast einen Viertel ab

Der Endenergieverbrauch pro Kopf hat seit 2000 abgenommen. 2020 lag er 23,7% unter dem Basisjahr 2000, witterungsbereinigt beträgt der Rückgang 20,8%. Damit wurde der Richtwert 2020 (-16%) erreicht. Dies war bereits in den letzten drei Jahren vor der Covid-19-Pandemie der Fall. Der Richtwert 2020 wäre daher mit grosser Wahrscheinlichkeit auch ohne den pandemiebedingten Verbrauchsrückgang erreicht worden. Um den Richtwert 2035 (-43%) zu erreichen, muss der witterungsbereinigte Endenergieverbrauch pro Kopf künftig um durchschnittlich 2,2% pro Jahr sinken. Im «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» bleibt der Zielwert 2035 für den Endenergieverbrauch pro Kopf unverändert bei -43%. Für 2050 liegt er bei -53%.

Der Endenergieverbrauch pro Person hat seit 2020 um fast 24 % abgenommen

 

Der Stromverbrauch pro Kopf nahm bis 2006 zu, seither ist der Trend rückläufig. 2020 lag er 11,3% unter dem Wert von 2000, witterungsbereinigt betrug der Rückgang 10,4%. Auch hier ist der Richtwert 2020 (-3%) bereits erreicht. Dies wäre mit grosser Wahrscheinlichkeit auch ohne den pandemiebedingten Verbrauchsrückgang der Fall gewesen: Seit 2015 liegt der Stromverbrauch pro Kopf unter dem Richtwert für 2020. Um den Richtwert 2035 (-13%) zu erreichen, muss sich die Stromeffizienz weiter deutlich verbessern, damit mittelfristig der Anstieg des Stromverbrauchs, hauptsächlich bedingt durch die steigende Anzahl Elektroautos und Wärmepumpen, kompensiert werden kann. Im «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» bleibt der Zielwert 2035 für den Stromverbrauch pro Kopf unverändert bei -13%. Für 2050 liegt er bei -5%. Dieser Wert trägt der Tatsache Rechnung, dass die Stromnachfrage durch die für das Netto-Null-Klimaziel 2050 notwendige Dekarbonisierung bis 2050 ansteigen wird.

Der Stromverbrauch pro Kopf nimmt seit 2006 ab und liegt 2020 bei minus 11%

 

Der ausführliche Monitoring-Bericht enthält insgesamt rund 45 Indikatoren und deskriptive Teile in sieben Themenfeldern: Energieverbrauch und -produktion, Netzentwicklung, Versorgungssicherheit, Ausgaben und Preise, energiebedingte CO2-Emissionen, Forschung und Technologie sowie Internationales. Die wichtigsten Indikatoren gibt es auch in einer Kurzfassung. Beide Berichte sind im Internet verfügbar (www.energiemonitoring.ch).
Text von Solarmedia (leicht redigiert)

Photovoltaik in der Schweiz: Geht es jetzt vorwärts?

Die Schweiz liegt in Europa am Schluss der Rangliste, wenn es um die Produktion von neuen erneuerbaren Energien geht. Nut ein paar osteuropäische Länder produzieren noch weniger. Wind- und Sonnenstrom decken hierzulande zusammen gerade einmal 3,7 Prozent des Bedarfs. Beim Spitzenreiter Dänemark sind es über 50 Prozent. 2020 stieg der Zuwachs von Photovoltaikanlagen in der Schweiz aber erstmals auf über 50 Prozent verglichen mit dem Vorjahr. Ist das jetzt die Trendwende?

Nicht nur Fotovoltaikanlagen sollen eine Einmalvergütung erhalten, sondern auch neue Windenergieanlagen, neue Kleinwasserkraftanlagen, neue Biogasanlagen, neue Geothermieanlagen (Initiative Girod)

„Auch in der Schweiz ist inzwischen die disruptive Entwicklung im Bereich Zubau von PV-Anlagen angekommen“ ist Dr. Ruedi Meier, Präsident vom Verein energie-wende-ja (ewj) überzeugt. Gemäss einer Folie seiner Präsentation am Event vom vom 10. August 2021 in der Umweltarena zum Thema «Wasserstoff – EnergieAutarke Gebäude» hat die Schweiz ein Wachstum des PV-Zubaus 2019/2020 von über 50%:

Von 2020 bis 2021 werden wiederum plus 50% übertroffen. Meier rechnet in den folgenden Jahren bis 2035 mit einem Wachstums des PV-Zubaus 30 Prozent pro Jahr.

Über das Jahr gerechnet kann der gesamte AKW-Strom kompensiert und der Zubau von Wämrepumpen sowie eMobilität verdaut werden. Ab 2035 werden bis 2050 Plus 10%/a PV-Zubau angenommen und es resultieren ca. 120 TWh/a PV-Strom.
Dieser relativ rasche Zubau von 30% – nicht 50% wie zur Zeit im Gang – ist absolut nötig und mit allen Mitteln zu forcieren!

Konsequenzen ohne genügenden PV-Zubau:

  • Es entsteht einer hoher Importbedarf  – gemäss Energiestrategie 2050 Plus von ca. 17 TWh – der wegen fehlendem Stromabkommen, aber auch Versorgungsengässen in Europa – höchst ungewiss ist. Das BFE muss zur geplanten Importstrategie endlich Alternativen im In- und Ausland aufzeigen.  
  • Die AKW können bis spätestens 2035 nicht ausser Betrieb genommen werden: Es werden unnötige Betriebsverlängerungen mit hohen Kosten und steigenden Risiken vorgenommen. Alle AKW-Betreiber sollen endlich mal – wie von der BKW demonstriert – richtig rechnen und Pläne für die Stilllegung vorlegen.
  • Es werden Gas-Kraft-Werke forciert, die weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll sind. Es würde ein Schritt in eine falsche Richtung gemacht.

Initiative Girod: Schritt in die richtige Richtung

Mit der Annahme der parlamentarischen Initiative Girod ist ein Schritt in die richtige Richtung gemacht worden:

  • Bis 2030 sollen ca. 10 TWh erneuerbare Energien zugebaut wird, davon ca. 60% Solar, 23% Wasser, 3% Wind, 14% Biomasse.
    • Die Verhältnisse sollten zugunsten von Solar und Wind deutlich verschoben werden.
    • Die Förderung soll aufgrund der Effizienz und Wirksamkeit der Mittel erfolgen.
    • Es müssen Hindernisse beim Ausbau von Solar und Wind abgebaut werden. Die Einsprachefristen sind massiv zu straffen.  
    • Ein Monitoring des Ausbaus ist dringend nötig. Die Förderung muss unbedingt optimiert werden um den Ausbau von mindestens 35 TWh zu erreichen.
    • Was von ewj für den Mantelerlass gefordert wird (Vergl. Stellungnahmen ewj), ist in einem laufenden Prozess ab sofort einzubringen. In diesem Zusammenhang ist auch ein neues CO2-Gesetz zu diskutieren: Vergleiche dazu den Beitrag von Walter Ott zu den «Eckwerten des BR für eine neue Klimapolitik».

Engpass Arbeitskräfte bei erneuerbaren Energien

  • Zentraler Engpass zur Bewältigung des PV-Wachstum sind die notwendigen Arbeitskräfte, nicht aber – zumindest auf absehbare Zeit – die Finanzierung. Zitiat Frank Rutschmann/BFE: Das vorhandene Geld für PV wird nicht abgeholt. Das gilt übrigens auch für die Gebäudesanierungen seit Jahren mit dem Gebäudeprogramm. Der Arbeitskräftemangel der Solarbranche – aber auch breiter der Hautechnikbranche und des Bausektors – ist absolut dramatisch. Wer auf Google «Solarbranche offene Stellen» eingibt, stellt fest, dass Tausende von offenen Stellen alleine für die Solarbranche bestehen. Ein «Impulsprogramm Aus-Weiterbildung/Umschulung» von aller grösster Dringlichkeit: «Impulsprogramm: Energieeffizientes Bauen, Solarenergie boomt: Aus-Weiterbildung, Umschulung: Erneuerbare Energien, insbesondere Solarenergie, Clean-Tech, Digitalisierung.  -Planung: Automatisierung, Netze. Sozio-Ökonomie Kurse: Wirksamkeit Preismechanismen. Internalisierung externe Kosten, Verursacherprinzip. Energie-Klimamassnahmen. Lenkungsabgaben, Emissionshandel, Gebote/Verbote, flankierende Massnahmen -Tools Berechnung von Abgaben mit Rückverteilung.»            

Winterstromlücke zentrales Problem

Es sind von Seite des BFE transparente Berechnungen mit tragfähigen Grundlagen vorzunehmen. Von unserer Seite ist das ebenfalls der PV-Zubau vertieft zu analysieren: Siehe mehr dazu unten. Die Winterstromlücke stellt ein – neben dem Ausbau insgesamt – ein zentrales Problem dar: Zur Zeit importieren wir im Winter gut 4 TWh. Bei einem forcierten PV-Zubau wird gemäss «Referat 10.8.21/ Folie 4» die Winter-Lücke auf über 20 TWh ansteigen. Dabei kann der forcierte PV-Ausbau einen wichtigen Beitrag leisten:

Gemäss «Folien 45 ff, Referat 24.8. Thalwil» ist die forcierte Ausrichtung des PV-Zubaus auf Winterstrom aber eher kontraproduktiv. Es empfiehlt sich vielmehr – unbesehen der Ausrichtung der Anlagen – ein forcierter genereller Ausbau anzugehen:

Batterien bringen zur Lösung der Winterstromlücke direkt nichts, indirekt mit vermehrten PV-Zubau schon, wenn die Kosten effektiv sinken. Dabei ist dies mit Autobatterien mit Systemanpassungen am ehesten zu erwarten. Siehe zu den Kosten unten Exkurs.

Der Ausbau der alpinen Anlagen ist sehr wohl diskussionsweise anzugehen, darf aber auch nicht überschätzt werden: Bei 25 GW Zubau (Peter Bodemann bringt immer wieder höhere, aber auch tiefere Varianten ins Spiel) sowie abgestellten AKW verbleibt wegen der höheren Winternachfrage eine Lücke von über 15 TWh. Dabei müssten bei 25 GW alpinen PV-Anlagen rund 100 km2 Fläche innert 15 Jahren beansprucht werden. Die Kosten belaufen sich zur Zeit auf ca. 8-10 Rp./kWh. Die Netzkosten können je nach Lage nochmals so hoch ausfallen. Natürlich sind weitere Pilotprojekte wie Gondo zu begrüssen.

Auch hier sollten für die weitere Diskussion zuerst überhaupt mal die Grundlagen, Annahmen und vor allem auch Varianten präsentiert und diskutiert werden. Dabei ist von den Kosten von vorhandenen Freiflächenanlagen auszugehen und mit realistischen Kostensenkungen, sprich Lernkurven,  zu rechnen.

Diskussion PV-Zubauziele

Diskussion PV-Zubauziele und zielführende PV-Zubaustrategie: Vertiefte Analysen des forcierten PV-Zubau sind von grösster Bedeutung:

Nochmals: Vom BFE liegen keine entsprechenden Berechnungen (inkl. Kosten, benötigte Fördermittel, Vorhandensein von Installationskapazitäten und Personal, etc.) vor, was sofort in transparenter Weise nachzuholen bzw. einzufordern ist.

Die Resultate des PV-Zubau-Modells von Meier/Ott – Auszug Folie 42 «Referat 24.8 Thalwil» sowie «Excel im Attach» – sind zu diskutieren bzl. den diversen Annahmen, z.B.

PV-Kosten indem von den bestehenden Preisen ausgegangen wird und nicht mit Fantasiezahlen spekuliert wird: Vergl. dazu z.B. Google Helion Offertrechner für PV-Anlagen, Batterien etc.

Diskussion Preisabsenkungen

Die eingebauten Preisabsenkungen bzw. Lernkurven sind zu diskutieren.Resultate dank Analysen mit dem PV-Zubau-Modell sind ua.:

Die wichtigsten Parameter bzw. Massnahmen werden erfasst und in ihrer Bedeutung sichtbar.

Die Kosten des PV-Ausbaus können – immer unter bestimmten Annahmen – dargestellt werden. Daraus können etwa die Höhe der erforderlichen Förderung, notwendiger bzw. sinnvoller Rückliefertarif, Finanzierungsbedarf etc. längerfristig abgeleitet werden. Grundlagen für eine berechenbare Politik werden geschaffen.

Welcher Ausbau von welchen Flächen bringt wieviel? Vergleiche mit Flächenansprüchen von Wasserkraft, Wind etc. sind möglich.

Ein Monitoring des dringend notwendigen PV-Ausbau kann unabhängig vom BFE realisiert werden.

Etc.

Sind Salzbatterien hilfreich?

Kurzer Exkurs Salzbatterien, Kosten:

Salzbatterien sind seit Jahrzehnten auch in der Schweiz ein Thema. Dussmann von Meiringen ist ein weltweiter Vorreiter und wurde u.a. vom energie-cluster.ch bereits vor über 15 Jahren gefördert.

Der Artikel der Wirtschaftswoche vom 24.9.21 suggiert – je nach Lesart – völlige Illusionen. Nach Auskünften von Max Ursin («Nachfolger» von Dussmann) mit der Firma innov-energy, Meringen ergibt sich etwa folgendes Bild:

Bei den zitierten 40-50 $ pro kWh handelt es sich um reine Herstellungskosten für die Zellen der Batterien. Damit kann aber noch keine einzige kWh gespeichert und wieder genutzt werden.

Die Batteriekosten für stationäre Anlagen belaufen sich zur Zeit auf etwa 400-500 CHF/kWh. Damit kann auch noch keine kWh gespeichert werden.

Die Systemkosten inkl. Installation, Management etc. betragen zur Zeit über 1000 CHF/kWh: Das Einholen von Offerten trägt auch hier zur Validierung angemessener Werte bei.

Catl wird die Preise in Zukunft ohne Zweifel massiv reduzieren. Bei sehr hohen Stückzahlen für Autobatterien dürften die Kosten gegenüber stationären Anlagen günstiger werden. Eine entsprechenden Nutzung setzt aber intelligente, ausgebaute Strom-Netze voraus. Die notwendigen Technologien werden auch in der Schweiz Angeboten und angewandt. In England müssen die Netze wegen der Nutzung von Auto-Batterien bereits abgeriegelt werden. Es ist zu hoffen, dass in der Schweiz Autobatterien in Kombination mit Netzausbau etc. rasch mehr genutzt werden können. Das Winterproblem wird damit nicht gelöst, der Zubau von PV-Anlagen auch für den Winter aber durchaus forciert werden.

Fazit

Wir sollten uns konkret über die Ziele des Ausbaus der Erneuerbaren Energie unterhalten. Die offiziellen Zielsetzung sind viel zu tief und bergen sehr viele Gefahren: AKW-Betriebsverlängerung, Bau von Gaskraftwerken, bis Black out etc.. Der politische Druck auf weit höhere Zubauziele ist dringend.  

Es ist von den laufenden Anstrengungen des Ausbaus unter Beachtung zentraler Hindernisse mit realistischen Einschätzungen bezüglich Kosten, Preisen, Lernkurven etc. auszugehen.

Abgestützt auf tragfähigen, transparenten Grundlagen können seriöse Abschätzungen von Alternativen vorgenommen werden.

Die vorliegenden Grundlagen – und Einbezug der Energieperspektiven 2050 Plus – sind diskursiv weiter zu entwickeln und zu vertiefen.

So geht Versorgung mit Strom im Winter

Wie steht es um die künftige Energieversorgung und die Versorgungssicherheit, wenn die Schweiz bis 2050 das Netto-Null-Ziel erreichen will? Die Energieperspektiven 2050+, die im November 2020 publiziert wurden, geben Antworten darauf. Ein wichtiges Thema dabei ist zum Beispiel die Stromversorgung der Schweiz im Winterhalbjahr. Dazu liegt nun ein ergänzender Exkurs vor – ebenso einer zur Rolle der Biomasse in der künftigen Energieversorgung.

Michael Kost ist im Bundesamt für Energie Leiter der Sektion Analysen und Perspektiven. Energeiaplus hat bei ihm nachgefragt, welche Bedeutung diese Exkurse haben und was die wichtigsten Erkenntnisse sind.
Zum Interview

Welche Stromqualität hast du?

Rot, Gelb, Grün? Kennst du die Farbe der Stromqualität in deiner Wohngemeinde? Auf Stromlandschaft.ch kannst du anhand deiner PLZ die Qualität des Standardstroms deines lokalen Stromversorgers einsehen und über weiterführende Informationen zu nachhaltigen Stromprodukten wechseln.

Brennt dein Licht mit Atomstrom oder Solarstrom?

Die Stromlandschaft schafft eine einmalige Transparenz über die Qualität des Standardstroms in unserem Land. Mit der interaktiven Karte wollen wir aufzeigen, wo die Stromwende im Sinne der Energiestrategie 2050 auf Kurs ist und wo sie noch an Tempo zulegen muss. Dafür müssen wir jetzt die neuen Erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft rasch ausbauen. Private Verbraucherinnen und Verbraucher wollen wir dafür sensibilisieren, wie sie mit dem eigenen Konsum die Stromwende voranbringen können.

Über 70’000 Pageviews

Die Stromlandschaft wurde erstmals im Frühjahr 2017 lanciert. Die modifizierte Neuauflage ist von der Klima-Allianz-Schweiz geleitet und von myNewEnergy als Dienstleisterin umgesetzt. Dank einer guten Berichterstattung erzielte die Stromlandschaft in den letzten Wochen bereits über 70’000 Pageviews. Das Thema trifft einen Nerv. So soll es nun auch dank deiner Mithilfe weitergehen. Wir danken dir sehr, wenn du die Stromlandschaft: 

  1. über deine persönlichen Socialmedia-Kanäle promotest
  2. über die SoMe-Kanäle von energie-wende-ja promotest

Kampagnen-Material mit Texten und Bildern findest du unter: mynewenergy.ch/de/projekte/stromlandschaft

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