Stellungnahme Stromgesetz, ewj März 2024

Für eine sichere Stromversorgung mit Rücksicht auf die Umwelt in Kürze

Am 9. Juni stimmen die Schweizer Stimmberechtigten über das «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien», kurz das «Stromgesetz» ab. Das Parlament hat dieser Vorlage mit überwiegendem Mehr zugestimmt. Die Fondation Franz Weber hat dagegen das Referendum ergriffen.

Worum geht es?

Mit dem Stromgesetz will die Schweiz ihr Energiesystem umweltfreundlich im Hinblick auf das Netto-Null-Ziel 2050 des Klimagesetzes umgestalten. Der starke Ausbau inländischer erneuerbarer Stromproduktion und die Nutzung von Stromeffizienzpotenzialen sollen dabei eine hohe Versorgungssicherheit gewährleisten. Im Stromgesetz werden die dafür benötigten Anpassungen im Energiegesetz, dem Stromversorgungsgesetz, dem Raumplanungsgesetz und dem Waldgesetz vorgenommen und zusammengefasst.

Wieso der Mantelerlass unsere Zustimmung braucht

  • Versorgungssicherheit   
    Weil der Stromverbrauch in der Schweiz in Zukunft zunehmen wird und die Stilllegung der Atomkraftwerke kompensiert werden muss, kommt der Versorgungssicherheit eine besondere Bedeutung zu. Das Stromgesetz sieht unter anderem vor, dass zur Absicherung gegen Versorgungsengpässe von den Betreibern der Speicherwasserkraftwerke verlangt werden kann, eine Winter-Energiereserve zu bilden. Zusätzlich soll die inländische Stromproduktion im versorgungskritischen Winterhalbjahr bis 2040 um mindestens 6 TWh ausgebaut werden. Weil die künftigen Importmöglichkeiten im Winter unklar sind, sollen in Zukunft die Stromimporte im Winterhalbjahr einen Richtwert von 5 TWh nicht überschreiten. 
  • Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion   
    Die erneuerbare Stromproduktion im Inland soll deutlich erhöht werden: Bis 2035 auf 35 TWh pro Jahr (ohne Wasserkraft), d.h. auf mehr als das Doppelte der bisherigen Zielsetzung der Energiestrate-gie2050 für das Jahr 2035. Der forcierte Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion schafft die Voraussetzungen dafür, dass die schweizerischen Kernkraftwerke nach 50 Jahren Laufzeit ausser Betrieb genommen werden können. Für neuerstellte Gebäude mit über 300 m2 Grundfläche sind Photovoltaik-Anlagen obligatorisch. Die Betreiber der Stromnetze müssen den ihnen angebotenen Strom abnehmen und mindestens mit einem schweizweit einheitlichen Minimalpreis vergüten. Mehr Strom soll insbesondere auch im Winterhalbjahr produziert werden. Dies u.a. mit 15 Speicherwasserkraftwerken, deren Erstellung an einem runden Tisch der beteiligten und betroffenen Akteurvertreter/innen als grundsätzlich umweltverträglich erachtet wurde sowie mit zusätzlichen Solar- und Windenergieanlagen, bei der Solarenergie insbesondere Anlagen mit hohem Produktionsanteil im Winter wie alpine Freiflächenanlagen oder Fassadenanlagen. 
  • Reduktion des Stromverbrauchs           
    Der zusätzliche Stromverbrauch für nichtfossile Mobilität (Elektrofahrzeuge) und Heizung (Wärmepumpen) soll zum Teil durch Reduktion des übrigen Stromverbrauchs kompensiert werden. Der Mantelerlass sieht vor, dass der Stromverbrauch pro Kopf um 2035 im Vergleich mit dem Verbrauch im Jahr 2000 um 13% reduziert wird und im Jahr 2050 um 5%. Massnahmen zur Effizienzsteigerung im Elektrizitätsbereich machen dies möglich. Die Elektrizitätslieferanten werden in die Pflicht genommen, den Stromverbrauch bzw. dessen Zunahme durch Effizienzmassnahmen zu reduzieren. 
  • Mehr Förderbeiträge für erneuerbar produzierten Strom im Inland 
    Für die Projektierung von Neubauten oder Erweiterungen bestehender Wasserkraftanlagen, für neue Windenergie- und Geothermieanlagen können Beiträge von maximal 40% der anrechenbaren Projektierungskosten gesprochen werden. Weiterhin werden für kleinere Anlagen Investitionsbeiträge (Einmalbeiträge) ausbezahlt. Damit Wasserkraft-, Windenergie- und Biomasseanlagen sowie grössere PV-Anlagen (ab 150 kW) auch im Fall von tiefen Strompreisen realisiert werden, wird mit einer sogenannten Marktprämie die Differenz zwischen Strompreis und der vereinbarten kostendeckenden Vergütung abgegolten, was insbesondere grössere PV-Anlagen ohne Eigenverbrauch deutlich attraktiver machen wird.
  • Abbau von Ausbauhemmnissen bei der erneuerbaren Stromproduktion im Inland            
    Durch zusätzliche dezentrale Erzeugung verursachte Netzausbauten werden von Swissgrid über Netzkostenbeiträge solidarisch finanziert, wodurch lokale Blockaden durch Finanzierungsprobleme von EVU vermieden werden. Das Stromgesetz schafft die Rahmenbedingungen für den Aufbau lokaler Elektrizitätsgemeinschaften von dezentralen Produzenten erneuerbarer Elektrizität, Konsumenten und Speicherbetreibenden, welche für den gegenseitigen Austausch neu das öffentliche Netz benutzen können.
  • Höhere Bedeutung der erneuerbaren Stromproduktion bei Interessenabwägungen und schnellere Bewilligungsverfahren unter Berücksichtigung von Umwelt-, Landschafts- und Gewässerschutz
    Ab einer vom Bundesrat festzulegenden Grösse werden Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien als im «nationalem Interesse» liegend definiert. Das Interesse an ihrer Erstellung überwiegt allenfalls bestehende kantonale, regionale oder lokale Interessen. Nationale Naturschutzinteressen werden aber auf gleicher Höhe mitberücksichtigt. Insbesondere in Biotopen von nationaler Bedeutung sowie in Wasser- und Zugvogelreservaten sind neue Anlagen ausgeschlossen. Das Stromgesetz schafft dabei einen zweckmässigen Ausgleich zwischen den Interessen des Landschafts- und Gewässerschutzes und des Ausbaus der inländisch Stromproduktion. 
  • Arbeitsplätze und Ausgleichsmassnahmen:
    Der Ausbau der inländischen Stromproduktion und der Umbau der Energieversorgung schafft zusätzliche inländische Arbeitsplätze und macht die Schweiz weniger abhängig von fossilen Energieimporten und Winter-Stromimporten. Der Ausbau der PV-Produktion bei Gebäuden senkt die Stromkosten für die Bewohner, insbesondere erhalten die Mieterinnen einen gesetzlich vorgeschriebenen Abschlag von 20% auf den Strompreis des Eigenverbrauches.